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Gerd Kirchhübel
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Staatsministerium 95
Gebührenbezahlung 95
Fahrt nach Brüssel
Urteil Information
SächsUIG Gutachten
Informationen Bund
Informationsrecht EU
Info. Verwendung IWG
MKW Leppersdorf
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Durch die EU im Sauseschritt

Brüssel rief. Und wir kamen. Im Bus von Reiner, der uns mit sicherem Lenkradgriff und geübter Stimme in die Hauptstadt der Europäischen Union chauffierte, durch Schneesturm und Stau. Rund 50 Mitreisende, jeder Platz im Fahrzeug war besetzt, das nennt man volle Auslastung im ökologischen Sinne, hatten sicherlich verschiedenen Gründe, diese Fahrt mit zu machen. Da war eine Bürgerinitiative aus dem Leipziger Raum, die ihr Dorf gegen den Braunkohlebagger verteidigt, dann Nachwuchsjournalisten aus Leipzig sowie fünf russlanddeutsche Damen aus Altenburg und der Rest Grüne aus verschiedenen Verbänden. Für unseren Kreis in Brüssel waren Jörg Stern, Jens Bitzka, Andre Ebert, Gerd Kirchhübel und Frank Sühnel.

Damit gar nicht erst der Gedanke aufkam, diese Fahrt hätte irgendetwas mit Urlaub und Erholung zu tun, war das Programm straff gespannt. Aus dem Bus heraus ein schnelles Frühstück im Hotel, Frischmachen nach der fast schlaflosen Nacht war nicht drin und sogleich im Geschwindschritt mit einem netten bayrischen Brüsseler Stadtführer durch die Metropole gehetzt. Dass auch der Rundgang nicht zum Vergnügen wurde, dafür sorgten ein stetiger Regen und Temperaturen knapp über null. Dennoch war es nicht uninteressant, was der Stadtführer uns mitgeben konnte. Mittagessen an einer Frittenbude, deren Verkäufer gar nicht wussten, was Ihnen geschah, als plötzlich 50 Leute anstanden. Zum Glück darf der durchnässte und durchfrorene Tourist mit seiner Pommestüte in die Kneipen hinein, ohne dass es jemanden stört. Dies sollte man in Deutschland mal versuchen. Dort gab es dann das erste belgische Bier. Doch auch das war nicht zum Genießen, schnell rein und weiter zum Ausschuss der Regionen, wo uns bereits ein redegewandter Herr erwartete. Der Ausschuss der Regionen ist nur ein beratendes Gremium, hat aber doch Gewicht, wie uns der Redner klar zu machen versuchte. Ganz am Anfang stünde der Ausschuss, wenn es darum ginge, Vorschläge der Kommission, die (noch) das alleinige Initiativrecht hat, zu beurteilen und er ist jedenfalls anzuhören, bevor irgendwas entschieden werden darf. Ihm gehören 344 Mitglieder an, aus Deutschland 24. Alle sind gewählte Regional- oder Kommunalpolitiker. Die Aufgabe des Ausschusses liegt drin, den Standpunkt und die Interessen der lokalen und regionalen Gebiete einzubringen. Schnell weiter, der nächste Termin war die Landesvertretung von Sachsen Anhalt, die wir mit Verspätung und nicht ohne kleine Verirrungen erreichten. Hier sprach ein Herr über die Aufgaben der Landesvertretung, und zwar die Interessen der Länder geltend zu machen, Lobbyarbeit zu betreiben und auch sonst recht präsent zu sein. Spätestens hier zeigten sich die Folgen der Busnacht, der eine oder andere Kopf sank und es war wohl kaum jemand böse, als es hieß „vielen Dank“. Erst am frühen Abend gelangten die müden Reisenden im Hotel an. Es folgte der gesellige und individuelle Teil, galt es doch, die viel gelobte Brüsseler Kneipenszenerie zu erkunden. Der KV Bautzen tat sich zu diesem Zweck mit den drei Damen und einem Herrn des Stadtverbandes Dresden zusammen und pflegte so den Austausch bei belgischem Bier, dessen Güte zu beurteilen hier nicht der Platz ist. Sehr teuer ist es aber jedenfalls.

Der nächste EU Tag, der Mittwoch, schloss in seiner Kompaktheit an den vorhergehenden an. Schnell schnell, das Eu-Abgeordnetenhaus warte. Von einem Dänen erfuhren wir einiges über die Mechanik der Gesetzgebung in der EU, geschmückt mit allerlei Anekdoten, aus Kommission, Rat und Parlament. Eine junge Dame klärte uns danach über die Funktion und Zusammensetzung des Parlamentes auf und beantwortete Fragen bereitwillig, aber eben etwas politisch, das heißt nicht immer deutlich, sondern schwammig. Hier zeigte sich, dass wir in die Räder der Öffentlichkeitsarbeitsmaschinerie geraten waren, es war der übliche Besuchervortrag, es fehlte der Bezug zu uns Grünen. Das änderte sich erst am Nachmittag, nach dem Besuch der Parlamentskantine- gutes Essen für eine solche Küche, denn man muss die Leute ja bei Laune halten. Aber Mehrweggebinde für Getränke? Fehlanzeige, Dosen und Einwegflaschen. Nach der Speisung berichtete gut eine Stunde lang die grüne EU-Parlamentarierein Gisela Kallenbach aus ihrer Arbeit in der Grünen Fraktion und in den Ausschüssen und es entstand ein lebhaftes Gespräch. Ein Punkt, den Mitreisende immer ansprachen war der des Lobbyismus. Denn in Brüssel sollen rund 15000 solcher Lobbyisten sitzen und versuchen, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Und Gisela Kallenbach, die wie sie sagt, noch nie Geld geboten bekam für entsprechende Entscheidungen, konnte dieser Form der Einflussnahme auch gute Seiten abgewinnen. Einerseits, da es ja auch Interessenvertretungen der positiven Art gebe, etwa Unweltverbände, aber auch, weil sie so die Standpunkte der Anderen kennen lerne. Eine Begebenheit am Rande: während des Gesprächs servierten zwei, nennen wir sie Stewards, Kaffe und Tee! Nach Gisela Kallenbach kam Joachim Denkinger, der stellvertretende Generalsekretär der Grünen /EFA im Europaparlament und sprach und diskutierte mit uns über seine Arbeit und die Aufgaben der Grünen in Europa und warum ein zusammenwachsendes Europa so wichtig ist. Bis auf die Mitglieder der Bürgerinitiative hatten danach alle ein wenig Freizeit. Die BI hatte einen Termin beim EU-Umweltkommissar Dimas Stavros, der sich davor fürchtete, 50 Personen in seinem Büro zu haben, weshalb die Initiative nur allein ihre gesammelten Unterschriften übergeben und ihre Präsentation zeigen durfte. Was Kommissar Stavros für sie erreichen kann, dass wussten sie in Nachhinein nicht und auch nicht, ob sie daraus Optimismus ziehen können. Doch die Kämpfer waren froh, so weit vorgedrungen zu sein, was für ihre weitere Arbeit einen Aufschwung bedeutet. Den Abschluss des Tages bildete ein gemeinsames Abendessen mit Gisela Kallenbach in einem italienischen Restaurant, wo die Gelegenheit zu Einzelgesprächen bestand. So haben etwa Jörg Stern und Frank Sühnel über die Problematik des verstärkten Genmaisanbaus in unserer Region gesprochen und Frau Kallenbach wollte sich dafür einsetzen, dass von qualifizierter Seite Unterstützung für uns kommt. Leider hatte Jörg das Pech, in Regen und Dunkelheit eine kleine Treppe herabzustürzen und sich einen Fuß zu verstauchen.

Der Donnerstag brachte uns die Teilnahme an einer Ausschusssitzung. Wie so oft wurde die Tagesordnung in letzter Minute geändert, so dass es keine Berichte und Debatten gab, sondern nur Abstimmungen. Es war bemerkenswert zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit abgestimmt wurde. Der Fraktionsvorsitzende zeigte an, wie das Votum lauten soll für die Mitglieder, also Daumen hoch Zustimmung, Daumen runter Ablehnung, flache Hand Enthaltung. Es glich einer gymnastischen Übung, wie die Arme hoch flogen. Beachtlich auch, wie simultan in alle Sprachen der Teilnehmer übersetzt wurde. Da für uns Gäste diese Sitzung nicht sonderlich spannend war, gingen wir eher und hatten so die Zeit zu einer kleinen Stadtrundfahrt in unserem Bus und einem Abstecher zum Atomium. Fahrer Reiner scheint Brüssel wie seine Westentasche zu kennen. Und was er erzählte, rundete das Bild Brüssels ab, welches sich durch das eigene Erleben gebildet hatte. Bausünden aus Glas, Stahl und Beton, für die barocke oder Jugendstilbauten en Masse weichen mussten, eine Millionenstadt ohne Abwasserklärung, aber auch fantastische Altbauviertel, tolle Kneipen und Kulturlandschaft, eine metropolitische Stadt. Ein Spiegel der gesamten EU, wo manches nebeneinander existiert, was so gar nicht zusammen passt und es dennoch irgendwie gut funktioniert. Und alles ist im Fluss, in Bewegung, hin zu, hoffentlich, weiteren Verbesserungen. Und dass an Europa kein Weg vorbei führt, zeigte dieser anstrengende, fast hektische Ausflug jedenfalls. Frank Sühnel  

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